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Variationen des Wortes "Ja"
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Erstellt von danger am 31.10.08 um 12:07 Uhr
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Freitagmorgen in der Jan-Petersen-Straße. Ein unerwarteter Schwung Menschen stürmt in die Straßenbahn und wandelt die ruhige, melancholische Atmosphäre in Hektik. Sich auf die Leselektüre zu konzentrieren fällt nun schwer. Ich schaue auf und erblicke eine ältere Dame haltsuchend durch den Gang marschieren. Reflexartig packe ich mein Buch in die Tasche und stehe auf. Die ältere Dame marschiert weiter, mein Platz bleibt fortan verwaist.
Die Straßenbahn steuert geradewegs auf eine vielbefahrene Kreuzung zu und hält an. Die Ampel ist rot. „Nächste Station musst du eh aussteigen.“, denke ich und nähere mich bereits der Tür. Zwischen sich angeregt unterhaltendem BVG-Personal und dem Fahrkartenautomaten finde ich Platz. Plötzlich ertönt hinter mir Musik minderer Qualität. Ich drehe mich um und sehe wie ein Mann, Mitte zwanzig, ein Mobiltelefon zu seinem Ohr führt und den unangenehmen Lärm durch ein kräftiges „Ja?“ beendet.
Die Ampel schaltet auf grün und die Straßenbahn setzt die Fahrt fort. Gespannt lausche ich auf den letzten Metern dem Telefonat: „Ja – genau – genau – genau – jo.“ Die Monotonie seiner Worte ist unverkennbar. „Jo – genau – ja – genau – genau.“ Ich frage mich ob es für den Anrufenden Sinn macht, sich weiter mit diesem Mann zu unterhalten, da seine Antworten offensichtlich nur wenig Überraschung und Abwechslung bieten.
Die Straßenbahn hat bereits Höchstgeschwindigkeit erreicht und die nächste Kreuzung bei grün passiert. Nun wird sie merklich langsamer und visiert die kommende Haltestelle an. Während ich seine Worte bilanziere und dabei feststelle, dass „genau“ doch mit großem Abstand am häufigsten verwendet wurde, wendet sich beim Telefonat plötzlich das Blatt: „Genau - jo – ach – nö!“ Verdutzt frage ich mich ob sein Wortschatz doch noch weitere Vokabeln enthält, er sie allerdings nur nicht versteht in richtigen Kombinationen zusammenzufügen.
Die Straßenbahn hat meine letzte Station erreicht. Die Türen gehen auf und eine eisige Brise strömt hinein. Ich drängel mich zwischen die noch immer lebhaft diskutierenden BVG-Mitarbeiter durch um die Bahn zu verlassen und vernehme im Hintergrund nur noch einen regelrechten Wortschwall des jungen Mannes: „Nee, dann bleibst du erstmal auf Arbeit und kommst danach direkt zu mir. Wir müssen ja noch…“
Ich trete ins Freie. Die Türen schließen sich und die Straßenbahn und der junge Mann fahren unbeirrt weiter…
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Maddie
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#01 - Erstellt am 01.11.08 um 13:39
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56 Beiträge
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Toll geschrieben! Wirklich cool
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DieHupe
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#03 - Erstellt am 07.11.08 um 21:03
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196 Beiträge
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Lach okay !!!
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